Franz Kobell

Mit Blei­stift, Feder und Pinsel

von Ruth Renée Reif

13. Januar 2022

Franz Kobell war Landschaftszeichner. Mehrere tausend Einzelblätter sowie eine Reihe von Alben sind von ihm überliefert. Am 14. Januar 2022 jährt sich sein Todestag zum 200. Mal.

„Kobell malt wenig, weil die zeit­rau­benden Zube­rei­tungen der Ölma­lerey den Strom seiner lebhaften Phan­tasie zu sehr in ihrem raschen Lauf hemmen. Er forscht nach dem Mate­rial, womit seine Hand am schnellsten der Idee folgen kann, und mit Feder, mit Sepia oder Bister weiß er Seinen Land­schaften die zaube­ri­sche Wirkung von Licht und Farbe zu ertheilen.“ Aus dieser Beob­ach­tung, die Georg Stengel, der Direktor der Kurpfäl­zi­schen Akademie der Wissen­schaften und Mentor Franz Kobells am Hof der Pfälzer und Baye­ri­schen Kurfürsten fest­hielt, zieht der Kunst­his­to­riker an der Graphi­schen Staat­li­chen Samm­lung Andreas Strobl den Schluss, dass Kobell nahezu ausschließ­lich Land­schafts­zeichner gewesen sei.

Ideallandschaft von Franz Kobell
Aqua­rel­lierte Feder­zeich­nung einer südli­chen Ideal­land­schaft von

Noch einen weiteren wich­tigen Hinweis auf Kobells Arbeits­weise enthält das Zitat. Wie Strobl, der 2005 eine Ausstel­lung mit Franz Kobells Arbeiten kura­tierte, erläu­tert, entstand die Mehr­zahl von Kobells Land­schafts­zeich­nungen nicht nach der Natur. Er verweist auf Kobells frühe Feder­zeich­nungen, die eine pasto­rale, arka­di­sche Ideal­land­schaft zeigten. Die Kompo­si­ti­ons­ele­mente eines solchen Land­schafts­bildes habe Kobell immer wieder vari­iert.

Ein Porträt von Franz Kobell, das sein Neffe von ihm malte
Franz Kobell, porträ­tiert 1786 von seinem Neffen Wilhelm von Kobell

Franz Kobell wurde 1749 als Sohn eines kurpfäl­zi­schen Finanz­kam­mer­rates in geboren. Als er 13 Jahre alt war und seine Eltern gestorben waren, wurde er zu einer kauf­män­ni­schen Ausbil­dung geschickt. Zurück in Mann­heim lernte er bei seinem Bruder Ferdi­nand zeichnen. Von 1771 bis 1778 studierte er an der Mann­heimer Zeich­nungs­aka­demie, an der Land­schafts­zeichnen aller­dings nicht auf dem Lehr­plan stand. Diese Kunst mussten die Brüder sich selbst beibringen. Vorbilder waren ihnen die nieder­län­di­schen Land­schafts­maler des 17. Jahr­hun­derts. Deren Gemälde befanden sich in der Samm­lung des Kurfürsten Carl Theodor.

Eine italienische Landschaft und oben auf dem Berg die Porta del Populo
Ein Jahr nach Franz Kobells Rück­kehr aus entstanden und nicht nach der Natur gezeichnet: Vor der Porta del Populo der Aure­lia­ni­schen Mauer von

Von diesem Fürsten, der ihn dann auch zum Hofmaler ernannte, erhielt Franz Kobell 1778 ein drei­jäh­riges Stipen­dium, mit dem er zur Weiter­bil­dung nach Rom reisen konnte. Sechs Jahre blieb er in Italien. Während seines Aufent­halts lernte er unter anderen Goethe kennen, der nach seiner Rück­kehr 1780 in einem Anflug von Fernweh ein Dutzend Zeich­nungen bei ihm bestellte. Dass er Goethe auch Anlei­tungen zum Zeichnen gab, wird von den Goethe-Biografen nicht belegt. Rose Unter­berger nennt in ihrer Goethe-Chronik den Bruder Ferdi­nand als Adres­saten von Goethes Schreiben.

Franz Kobell: Landschaft mit Bach, Hügeln und Bäumen, aquarellierte Federzeichnung
Aqua­rel­lierte Feder­zeich­nung Franz Kobells: Bergige Land­schaft mit Bach

1784 kehrte Franz Kobell nach zurück und zog nach München, weil Carl Theo­dors Mann­heimer Hof durch die baye­ri­sche Erbfolge nach München verlegt worden war. Franz Kobell bezog nun die medi­ter­ranen Ideal­land­schaften in seine Zeich­nungen ein. Wie Strobl betont, habe er auch drama­ti­sche Bilder­fin­dungen wie sturm­ge­peitschte Meeres­wogen, von Wasser umspülte Felsen­tore und Blitze am Himmel verar­beitet. So würden die wenigsten seiner Zeich­nungen benenn­bare Orte zeigen. Was man sehe, seien erfun­dene Stereo­typen in immer neuen Varia­tionen. Schnell und frei­händig habe Kobell seine Land­schaften zu Papier gebracht. Strobl vergleicht dessen Bilder mit Collagen, zusam­men­ge­setzt aus Elementen. Dabei merkt er an, dass die Zusam­men­set­zung nicht immer sinn­voll sei, wie manche Wasser­läufe zeigten.

Pinselzeichnung eines Wasserfalls der Isar
Franz Kobell abstra­hiert die Struk­turen der Natur zu Mustern: Wasser­fall an der Isar

Im Laufe der 1790er-Jahre begann Franz Kobell, durch die Umge­bung Münchens zu wandern. Mit den gewon­nenen Eindrü­cken fertigte er eine Fülle an Zeich­nungen an, teils mit Blei­stift und Feder, teils aber auch mit dem Pinsel. Aus heutiger Sicht wecken dabei vor allem die einfar­bigen Pinsel­zeich­nungen Aufmerk­sam­keit. Die Ausschnitte aus der Natur beinhalten. Sie zeigen etwa Bäume, Fluss­ufer oder Strom­schnellen. Doch sind die Ausschnitte so gewählt, dass die Struk­turen der Blätter oder das Kräu­seln des Wassers sich zu abstrakten Mustern fügen.

Das Landschaftsbuch aus dem Jahr 1810
Aus Franz Kobells Land­schafts­buch des Jahres 1810, in das er seine Arbeiten einklebte

Ab 1797 wohnte Franz Kobell in einem Zimmer bei seinem Bruder Ferdi­nand im Prey­sing­pa­lais. Die letzten Jahre konnte er nicht mehr aus dem Haus und war bett­lä­gerig. Als er 1822 starb, hinter­ließ er tausende Zeich­nungen sowie mehrere Alben mit einge­klebten Blät­tern. Viele seiner Arbeiten sind verstreut in Samm­lungen und Museen. Was verlo­ren­ging oder sich in privater Hand befindet, lässt sich offenbar nicht abschätzen.

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Arbeiten von Franz Kobell befinden sich u.a. in der Staatlichen Graphischen Sammlung in München, der Graphischen Sammlung der Klassik Stiftung Weimar, in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München, auf deren Website einzelne Blätter auch online zu sehen sind, im Münchner Stadtmuseum, das einige der monochromen Pinselzeichnungen aus der Umgebung von München online zeigt sowie in der Kunsthalle Mannheim, die in ihrem Blog ein Blatt aus Franz Kobells Italienaufenthalt online zeigt.

Fotos: Die Bilder sind dem Band Franz Kobell: „Ein Zeichner zwischen Idylle und Realismus“ entnommen.