Claudia Roth: »Ukrai­ni­sche Künstler sollen selbst entscheiden«

von Axel Brüggemann

3. Februar 2023

Kulturstaatsministerin Claudia Roth über die Einladung von Anna Netrebko zu den Internationalen Maifestspielen 2023 in Wiesbaden

Kultur­staats­mi­nis­terin versteht die Kritik am Auftritt der russi­schen Sopra­nistin bei den Maifest­spielen in Wies­baden. „Anna Netrebko hat in der Vergan­gen­heit eine Unter­stüt­zung des Putin-Regimes sowie der soge­nannten Sepa­ra­tisten der Donbass-Region gezeigt“ sagt Roth gegen­über dem Klassik-Magazin CRESCENDO. In einem Brief hatte ihr ukrai­ni­scher Amts­kol­lege Olek­sandr Tkachenko Roth zuvor mitge­teilt, dass er auf Grund der Betei­li­gung von Anna Netrebko darauf bestünde, dass das Ukrai­ni­sche Natio­nal­or­chester von seiner Teil­nahme an den Maifest­spielen absehe. Die deut­sche Kultur­staats­mi­nis­terin könne „gut verstehen“, dass ukrai­ni­sche Künst­le­rinnen und Künstler nicht an der Seite von Anna Netrebko auftreten wollten, sagte ein Spre­cher, aller­dings sollten sie selbst darüber entscheiden können. Diese Posi­tion wolle Claudia Roth auch gegen­über ihrem Amts­kol­legen in der Ukraine deut­lich machen, sagte sie CRESCENDO.

Im Vorfeld kam es zu einem Konflikt zwischen den Maifest­spielen von Inten­dant und Claudia Roth. Laufen­berg hatte in einer Pres­se­mit­tei­lung poli­ti­sche Einfluss­nahme auf seine Program­mie­rung vermutet und auf den Brief des russi­schen Kultur­mi­nis­ters an Claudia Roth hinge­wiesen – der war zu diesem Zeit­punkt aber noch nicht bei den Minis­tern einge­troffen. Kultur­staats­mi­nis­terin Roth habe „immer wieder unter­stri­chen, dass sie einen gene­rellen Boykott russi­scher Kultur sowie russi­scher Künst­le­rinnen und Künstler ablehnt“, heißt es aus dem Minis­te­rium. Ein Eingriff in die Planung der Maifest­spiele habe zu keiner Zeit statt­ge­funden. 

Die Stadt Wies­baden und das Land Hessen haben den Auftritt Netrebkos eben­falls kriti­siert. Minis­ter­prä­si­dent Boris Rhein wird die Schirm­herr­schaft für die Inter­na­tio­nalen Maifest­spiele nicht annehmen. „Darüber hinaus haben wir die Voremp­fänge des Landes abge­sagt“, erklärte der Chef der Hessi­schen Staats­kanzlei, Axel Winter­meyer gegen­über CRESCENDO. „Die Stadt Wies­baden hat den Künst­le­ri­schen Leiter der Fest­spiele aufge­for­dert, seine Entschei­dung zu über­denken, Frau Netrebko einzu­laden – auch, um die abseh­bare Absage durch die eben­falls einge­la­denen ukrai­ni­schen Ensem­bles und den dadurch entste­henden beträcht­li­chen Schaden für das Ansehen der Fest­spiele zu verhin­dern. Die Landes­re­gie­rung hat diese Haltung der Stadt unter­stützt. Der Künst­le­ri­sche Leiter hat sich entschieden, am Enga­ge­ment von Frau Netrebko fest­zu­halten, das Konzert findet aller Voraus­sicht nach statt. In dieser Entschei­dung ist er frei.“