Maurizio Pollini
»Ein progressives Element«
von Ruth Renée Reif
5. Januar 2022
Maurizio Pollini feiert am 5. Januar 2022 seinen 80. Geburtstag.
„Wirklich große Kunst besitzt ein progressives Element, das die Gesellschaft benötigt, auch wenn Kunst nach rein praktischen Maßstäben völlig nutzlos erscheint“, erklärte Maurizio Pollini einmal gegenüber der Zeitung The Guardian. „Kunst ist in gewisser Weise so etwas wie die Träume einer Gesellschaft. Sie scheinen wenig zu bewirken, aber ebenso wie Schlafen und Träumen notwendig sind, denn der Mensch kann ohne sie nicht leben, kann eine Gesellschaft auch nicht ohne Kunst existieren.“
Gefeiert wurde Pollini als sensibler Chopin-Interpret und brillanter Beethoven-Interpret. Mit „analytischem Durchdringungs-Vermögen“, wie Joachim Kaiser es nannte, spielte er Bach, Mozart, Brahms, Schubert, Liszt. Berühmt für seine Perfektion, sein unübertreffliches manuelles Können und den Farbenreichtum seines Spiels, beschränkte er sich weder auf konventionelle Auftritte, noch auf traditionelle Programme.
In den 1970er-Jahren konzertierte er in Fabriken und Sporthallen und wirkte an Konzerten mit, die in Italien für Studenten und Arbeiter veranstaltet wurde. Auch legte er Wert auf eine besondere Programmgestaltung. Unter der Bezeichnung „Progetto Pollini“ stellte er seine Programme aus alten und zeitgenössischen Werken zusammen und brachte stets auch entlegene Werke aufs Podium. Eine künstlerische Beziehung verband ihn mit Pierre Boulez und Luigi Nono, der Como una ola de fuerza y luz für ihn schrieb. Der Dirigent Michael Gielen erinnert sich, wie turbulent es dabei zuging, als Pollini in Turin Nonos Zweites Klavierkonzert spielte.