Pablo Heras-Casado
Zwischen Tradition, Revolution und Humanismus
27. August 2020
Pablo Heras-Casado bietet mit dem Freiburger Barockorchester eine überzeugend unsentimentale Interpretation von Beethovens Neunter Sinfonie.
Einem beliebten Bonmot unter Musikern zufolge sind die ersten drei Sätze der Neunten Sinfonie das unbekannteste Werk Beethovens. Kann man so sehen, schließlich ist es der monumentale vierte Satz mit Schillers Ode an die Freude, auf den die meisten Hörer warten und der losgelöst vom Rest der Partitur als Soundtrack für Staatsakte und pompöse nationale Manifestationen aller Art „Karriere“ gemacht hat.
Historisch angehäufter Bombast
Ein historisch angehäufter Bombast, den glücklicherweise immer mehr Dirigenten konsequent abräumen und dafür Beethovens Musik in ihrem Spannungsfeld zwischen Klassik und Romantik, zwischen Tradition, Revolution und Humanismus wieder neu entdecken und erlebbar werden lässt.
In diese Phalanx reiht sich auch Pablo Heras-Casado mit dem Freiburger Barockorchester ein und bietet eine unsentimentale, zuweilen vielleicht sogar etwas neutrale Lesart der Partitur. Der Orchesterklang ist herb und präzise, die Tempi zügig und die motivischen Linien zwischen den Sätzen genau herausgearbeitet, gerade im Übergang zwischen dem dritten und vierten Satz. Auch die Zürcher Sing-Akademie und das Solistenquartett setzen die Interpretation überzeugend um.
Zusätzlich gibt es auf der zweiten CD noch das quellfrische Klavierspiel von Kristian Bezuidenhout in der Chorfantasie zu genießen.