Peter Hofmann
Tragisches Heldenleben – zum zehnten Todestag von Peter Hofmann
von Ruth Renée Reif
28. November 2020
Peter Hofmann zeigte alles, was ein tragisches Heldenleben charakterisiert: eine enorme Fallhöhe und einen erschütternden Absturz. Am 29. November 2020 jährt sich sein Todestag zum zehnten Mal.
Mit sensationellen Erfolgen eroberte Peter Hofmann die Klassikwelt. Bereits zehn Jahre nach dem Beginn seines Gesangsstudiums stand er 1976 zum 100-jährigen Bestehen der Bayreuther Festspiele als Siegmund in Patrice Chéreaus „Ring“-Inszenierung auf der Bühne des Festspielhauses. Damit hatte er den internationalen Durchbruch geschafft. Intendanten aus aller Welt umschwärmten den blondgelockten, hünenhaften Tenor. Von der Wiener Staatsoper bis zur Metropolitan Opera in New York war er fortan auf allen großen Bühnen zu erleben.
1982 präsentierte er unter dem Titel Hofmanns Träumereien eine Show im Fernsehen und begab sich mit der Platte „Rock-Classics“ auf Tournee. 1987 unternahm er mit Titeln von Elvis Presley und deutschsprachigen Rock-Songs eine Europa-Tournee durch 45 Städte. Diese Ausflüge in andere Bereiche der Musik trugen ihm von Kritikern hämische Kommentare ein. Mitte der 1980er-Jahre zeigten sich zudem stimmliche Probleme. So musste Hofmann 1988 seinen ersten Auftritt als Siegfried an der Metropolitan Opera absagen. 1989 wurde er in Bayreuth als Siegmund ausgebuht. Hofmann habe „den Wagner-Gesang auf eine Schwund- oder meinetwegen Schundstufe heruntergebracht, die sich kritischer Betrachtung entzieht“, lautete das herablassende Urteil von Jürgen Kesting.
Hofmann übernahm in jenem Jahr die Titelrolle in Andrew Lloyd Webbers Musical Phantom der Oper. 300 Mal stand er an der Seite von Anna Maria Kaufmann, die die Balletttänzerin Christine Daaé verkörperte, auf der Bühne. Der Soundtrack wurde zum erfolgreichsten deutschen Musical-Tonträger. 1992 begab sich Hofmann erneut mit Rock-Titeln auf Tournee. 1994 traten jedoch Symptome einer Parkinson-Erkrankung in Erscheinung, die Hofmann mit Sport und Medikamenten zu bekämpfen suchte und im August 1999 öffentlich bekanntgab. Im Oktober jenes Jahres begann er im Leipziger Gewandhaus an der Seite von Anna Maria Kaufmann noch eine Deutschland-Tournee mit Stücken aus dem Musical Phantom der Oper. 1992 aber zog die Diagnose Demenz den unwiderruflichen Schlussstrich unter seine Sängerkarriere. Acht Jahre darauf starb Peter Hofmann, der in seinen letzten Lebensjahren aufgrund seiner Krankheit nicht mehr wusste, wer er einst gewesen war, an einer Lungenentzündung.
Joachim Kaiser fand in seinem Nachruf verständnisvollere Wort als sein Kollege, vor allem aber warf er einen kritischen Blick auf den Musikbetrieb: „…zur Tragik Hofmanns gehört auch, dass ihm der Kunstbetrieb offenbar kaum eine Chance ließ, Pausen zu machen, an technischen Mankos zu arbeiten, sich wirklich zu erholen… Die kurze glückliche Zeit seines Ruhmes und die sich daran anschließende Phase seines mitleiderregenden Unglücks wurden zum Symbol dafür, wie schwer es ist, in unserer Gegenwart die Anforderungen Wagners zu erfüllen und wie dankbar man denjenigen sein muss, denen es mit äußerstem Einsatz gelingt.“