Tatjana Ruhland
Romantischer Nebel in Licht getaucht
von Anna Mareis
3. Oktober 2018
Preisträgerin in der Kategorie Konzerteinspielung | Musik 19. Jahrhundert: Tatjana Ruhland betritt mit den Flötenwerken von Carl Reinecke einen vergessenen Ort der Romantik.
„Das Flötenkonzert von Carl Reinecke ist das Konzert, das Schumann nie schrieb.“ So sieht es die Flötistin Tatjana Ruhland. In ihrer mit dem OPUS KLASSIK ausgezeichneten Aufnahme betritt sie, wie es ein Kritiker sagte, „lost spaces“ der Musik: Orte, die lange nicht besucht wurden, an denen sich der romantische Nebel niedergelassen hat und an denen Ruhland nun nach neuen Lichtstrahlen sucht. Genau dafür bieten sich die Flötenkonzerte von Carl Reinecke an. Der Musiker, der 1842 in Hamburg geboren wurde, war in Leipzig, in Paris, in Bremen und Breslau tätig, traf die größten Musiker seiner Zeit wie Hector Berlioz, Felix Mendelssohn Bartholdy oder Robert Schumann. Reinecke stellte sich bewusst in ihre Tradition: „Ich würde mich nicht wehren, wenn man mich einen Epigonen nennt“, sagte er einmal.
Gemeinsam mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter Alexander Liebreich interpretiert Ruhland seine Musik, die sie als „hochromantisch“ und „zu Herzen gehend“ beschreibt, mit ungestillter Sehnsucht, mit dunkler Freude am Abgrund und gleichsam lichtdurchflutet. „Die bescheidene, feinsinnige Persönlichkeit des Komponisten drückt sich besonders in seinen tiefgründigen und virtuosen Werken für die filigrane Querflöte aus“, findet Reinecke. Und so hört sich ihre Interpretation auch an: wie eine leidenschaftliche Liebeserklärung und das vorsichtige, aber bestimmte Betreten eines verlorenen Ortes der Musikgeschichte, der in Zukunft auch durch diese Aufnahme sicherlich wieder öfter besucht werden wird.