Valery Gergiev

Bruckner-Klang

von Klaus Kalchschmid

18. Dezember 2020

Valery Gergiev und die Münchner Philharmoniker haben im Stift St. Florian am Grab von Anton Bruckner alle seine neun Sinfonien eingespielt. Die Aufnahme ist auch in einer Deluxe-Version erhältlich.

Man hat die Qual der Wahl: Alle Neune mit den Münchner Phil­har­mo­ni­kern in St. Florian als schlanke Neun-CDs-Box für einen güns­tigen Preis oder die opulente, entspre­chend teurere Deluxe-Ausgabe: Sie enthält die Sinfo­nien sowohl auf sechs DVDs wie vier Blu-rays, dazu gibt es den Kino­film Bruckner – das verkannte Genie, ein Buch auf Englisch und Deutsch zu Leben und Werk sowie das Faksi­mile von Bruck­ners mehr­sei­tigem hand­ge­schrie­benem Lebens­lauf (einschließ­lich Tran­skrip­tion in verschie­dene Spra­chen).

Sieht man das präch­tige, hoch­ba­rocke Stift St. Florian, wo Bruckner die Orgel spielte, unter der er begraben liegt, in den verschie­denen Perspek­tiven und Kame­ra­fahrten, dann ist das Klang­bild ein natür­li­ches: sonor, gewaltig und mit dem Hall einer riesigen Kirche. Am CD-Player muss man die Bässe um einiges herun­ter­re­geln, doch man kann sich ganz auf das Hören konzen­trieren. In beiden Fällen zahlt sich der Zehn-Stunden-Mara­thon aus, inner­halb kurzer Zeit die weit­ge­spannt melo­di­en­se­lige Siebte zu hören neben der so glas­klaren Roman­ti­schen mit ihren ebenso schlicht wie schön auf einer „leeren“ Quinte aufge­bauten Themen; dann viel­leicht die herr­lich unbe­küm­merte, „frische“ Erste und im Kontrast dazu die unvoll­endete Neunte oder die gewal­tige Achte. Immer wieder schön: die Sechste, Bruck­ners „Keckste“, weil tatsäch­lich mit etwas unge­wöhn­li­chem Humor ausge­stattet.

Anders als Rémy Ballot, der seinen eben­falls (wenn auch nur teil­weise) zwischen 2017 und 2019 in St. Florian aufge­nom­menen Bruckner-CD-Zyklus mit dem Alto­monte Orchester und dem Ober­ös­ter­rei­chi­schen Jugend­sin­fo­nie­or­chester fast voll­endet hat und mit Erfolg getra­gene Tempi wie Sergiu Celi­bi­dache wählt, balan­ciert selbige zwischen den Extremen aus. Er zieht manchmal merk­lich an, um dann wieder Musik und Klang in jeder Hinsicht viel Raum zu geben. Wie schon betonte: Nicht zuletzt dank Celi­bi­dache in den 1990er-Jahren haben sich die , die auch einige Erst­auf­füh­rungen spielten, einen Bruckner-Klang erobert, auf den alle folgenden Diri­genten setzen können, egal wie sehr sie in Haltung, Tempo oder Gestal­tung im Detail abwei­chen.