Riccardo Muti
Beglückend!
11. Februar 2021
Tradition! Riccardo Muti am Pult der Wiener Philharmoniker beim Neujahrskonzert 2021 im Goldenen Saal des Musikvereins
Was für eine helle Freude in diesen trüben, stillen Tagen: ein Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker mit jeder Menge erstmals an diesem Ort und zu diesem Anlass gespielter Werke. Viele davon entstanden in Zusammenhang mit heute kaum mehr bekannten Operetten, als da sind: Franz von Suppés Marsch aus Fatinitza, Carl Zellers großartiger, vielschichtiger Walzer nach Motiven aus Grubenlichter oder In Saus und Braus« nach Melodien aus Der Probekuss. Dazu neben dem eleganten Schallwellen-Walzer von Johann Strauß Sohn, dem Venetianer-Galopp des Vaters und der Margherita-Polka von Bruder Josef der große, stolze Walzer Bad’ner Mad’ln aus der Feder von Karl Komzák Sohn.
Auf DVD verstören trotz prächtigem Blumenschmuck und schöner Tanz-Einlagen immer wieder die leeren Plätze im sonst randvoll besetzten Goldenen Musikvereinssaal und das geräuschvolle Sicherheben des Orchesters, ohne dass jemand applaudieren könnte; auch wenn man so die Musiker und Riccardo Muti, der schon zum sechsten Mal das Neujahrskonzert dirigiert, gut aus der Nähe beobachten kann. Auf CD dagegen darf man sich auf das Wesentliche konzentrieren – und ist beglückt. Denn der 79-jährige Italiener, der die Wiener Philharmoniker bereits vor 50 Jahren zum ersten Mal dirigierte, weiß, wann die Zügel straff zu halten sind, wann er loslassen darf und wie weit er – sehr wienerisch – eine Tempoverzögerung beim Walzer ausreizen kann. Das trägt das Orchester mit einer geradezu trotzigen Lust und Schönheitstrunkenheit mit!
Die zweite Hälfte der 18 Nummern ist dann fast ganz Populärem von Johann Strauß Sohn gewidmet: Frühlingsstimmen- und Kaiser-Walzer neben wieder versteckt Musiktheatralischem: So die Neue Melodien-Quadrille nach Zitaten aus Opern von Bellini, Donizetti und Verdi sowie der Polka schnell Stürmisch in Lieb« und Tanz nach Motiven aus Das Spitzentuch der Königin. Dann folgt wie immer An der schönen blauen Donau und der Radetzky-Marsch von Strauß Vater, leider nicht in der viel schöneren und schlankeren Originalfassung, wie sie Nikolaus Harnoncourt schon vor 20 Jahren im Neujahrskonzert präsentierte, ebenfalls ohne Mitklatschen, wie es jetzt sowieso nicht möglich gewesen wäre. Aber das tut der Freude über diese Doppel-CD keinen Abbruch!