Antoine Vitkine

Polit­thriller um den Erlöser der Welt

von Ruth Renée Reif

9. April 2021

Salvator mundi birgt ein Staatsgeheimnis und gibt viele Rätsel auf. Antoine Vitkine widmet sich dem Gemälde in einem Dokumentarfilm, den am 13. April 2021 der Fernsehsender France 5 ausstrahlt.

betritt Neuland mit seinem Doku­men­tar­film. Bisher widmete er sich vor allem poli­ti­schen Themen wie , , und dem Natio­nal­so­zia­lismus. Mit Salvator mundi – la stupé­fi­ante affaire du dernier Vinci (Salvator mundi – die atem­be­rau­bende Streit­sache des letzten Vinci) begibt er sich in die Welt der Schönen Künste.

Versteigerung bei Christie's
Die Verstei­ge­rung von Salvator mundi bei Christie’s in 2017
(Foto: © Timothy A. Clary AFP)

Antoine Vitkine ist über­zeugt, dass dieses Gemälde zentrale poli­ti­sche Fragen aufwerfe. Denn es erzähle von der Globa­li­sie­rung, dem Wirken inter­na­tio­naler Kräfte, stelle die Frage nach unserem Bezug zur Wahr­heit, zur wissen­schaft­li­chen Wahr­heit gegen­über der kommer­zi­ellen Wahr­heit und trage ein Staats­ge­heimnis in sich. Das Gemälde erregte erst­mals die Aufmerk­sam­keit der Öffent­lich­keit, als es 2017 bei einer Verstei­ge­rung über 450 Millionen Dollar erzielte und verschwand. Einen solchen Betrag habe noch nie ein Kunst­werk bei einer Verstei­ge­rung erzielt, hieß es. Zuge­schrieben wurde das Gemälde damals .

Antoine Vitkine
Ist über­zeugt, dass Salvator mundi wich­tige poli­ti­sche Fragen aufwirft: der Doku­men­tar­filmer und Autor Antoine Vitkine
(Foto: © Antoine Vitkine)

Antoine Vitkine beginnt seinen Film mit der großen Leonardo-da-Vinci-Ausstel­lung, die der Pariser Louvre 2019 zeigte. Die Kunst­welt erwar­tete, dass das Gemälde Salvator mundi in dieser Ausstel­lung auftau­chen würde. Aber das tat es nicht. Tatsäch­lich hatte der Louvre es als Leih­gabe für die Ausstel­lung erbeten, und es kam auch nach Paris. Mit neuen Tech­niken wurde es aufwändig unter­sucht. Die Gutachter kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass es nicht von Leonardo selbst gemalt war.

Mohammed bin Salman
Saudi-Arabien demen­tiert. Doch der saudi­sche Kron­prinz soll Eigen­tümer von Salvator mundi sein.

Die Entschei­dung, das Bild zurück­zu­weisen, war ein Poli­tikum. Denn der geheime Eigen­tümer war der saudi­sche Kron­prinz Mohammed bin Salman. Die Zurück­wei­sung gefähr­dete die diplo­ma­ti­schen Bezie­hungen zwischen und Saudi-Arabien. Wie Antoine Vitkine heraus­fand, stand der fran­zö­si­sche Staats­prä­si­dent jedoch zur Entschei­dung des Louvre. Das Gemälde wurde nach Saudi-Arabien zurück­ge­schickt. Die Hinter­gründe dieser Geschichte und auch die Gutachten des Louvre blieben bisher geheim.

Salvator mundi
Zeit­ge­nossen erwähnen Leonardo da Vinci nicht als Maler von Salvator mundi
(Quelle: Wiki­pedia)

Aus wissen­schaft­li­cher Sicht ist die Prove­nienz eines Kunst­werks entschei­dend für die Zuschrei­bung. Und diese weist insbe­son­dere in den Jahr­hun­derten nach der Entste­hung von Salvator mundi viele Lücken auf. Um 1500 soll das Gemälde gemalt worden sein. Zeit­ge­nossen aber erwähnen es nicht. Leonardo war damals 48 Jahre alt. Von 1482 bis zum Sturz der Sforza 1499 befand er sich an deren Hof in . 1498 voll­endete er das Gemälde Das Abend­mahl, das neben der 1503 entstan­denen Mona Lisa zu den berühm­testen Bildern des Abend­landes gehört. Leonardo, der am Mailänder Hof auch Theater- und Fest­de­ko­ra­tionen entwarf und bei Vorstel­lungen sogar selbst Regie führte, beschäf­tigte zahl­reiche Gehilfen und Schüler wie , , Bernar­dino di Conti, Fran­cesco Napo­le­tano, , Marco d’Og­gione und Salaì. Ab 1500 befand er sich in , wo er wissen­schaft­liche Studien betrieb und zum Leid­wesen seiner Auftrag­geber nur selten zum Pinsel griff.

Der Kunsthändler Robert Simon
Landete den entschei­denden Coup: der Kunst­händler

Im 17. Jahr­hun­dert soll sich das Gemälde Salvator mundi in der Samm­lung des engli­schen Königs Charles I. befunden haben, wobei es sich jedoch wahr­schein­lich um ein anderes Bild handelte. Belegt ist wohl erst um 1900 die Zuge­hö­rig­keit des Gemäldes zur Kunst­samm­lung der engli­schen Textil­händ­ler­fa­milie Cook. Aller­dings wurde das Gemälde damals als Arbeit von Leonardos Schüler Boltraffio ange­sehen.

Dianne Dwyer Modestini
Ist über­zeugt von Leonardo als Maler des Gemäldes: die Restau­ra­torin Dianne Dwyer Mode­s­tini bei der Arbeit an Salvator mundi

Der weitere Weg des Gemäldes führte in die und zu dem New Yorker Kunst­händler Robert Simon. Diesem gelang ein entschei­dender Coup. 2011 sollte es im Rahmen einer Leonardo-Ausstel­lung der National Gallery gezeigt werden. Dafür wurde es von der Konser­va­torin Dianne Dwyer Mode­s­tini restau­riert und Leonardo zuge­schrieben. Aus der Schü­ler­ar­beit wurde über Nacht ein Meis­ter­werk. Und Salvator mundi galt nun als das einzige, das sich von insge­samt nur 15 erhal­tenen Werken Leonardos in privater Hand befindet. Zweifel blieben aller­dings. 2013 wurde es über das Akti­ons­haus Sotheby’s an den Kunst­händler verkauft. 80 Millionen Dollar soll er dafür gezahlt haben. Und von da an stieg der Preis des Gemäldes stetig an, was aller­dings die Zweifel nicht ausräumte. Der russi­sche Unter­nehmer , der es noch im glei­chen Jahr erwarb, zahlte bereits über 100 Millionen Dollar.

2017 kam es bei Christie’s in New York zu jener Verstei­ge­rung, die Schlag­zeilen hervor­rief. Für über 450 Millionen Dollar wurde das Gemälde an einen unbe­kannten Bieter verkauft und verschwand von der Bild­fläche. Unzäh­lige Speku­la­tionen wurden seither ange­stellt und zahl­lose Experten gaben ihre Meinung ab. Ob der Film von Antoine Vitkine alle Geheim­nisse um das Gemälde zu lüften vermag, bleibt abzu­warten.

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Antoine Vitkine: Salvator mundi – la stupéfiante affaire du dernier Vinci wird am 13. April 2021 um 20:50 Uhr von dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender France 5 ausgestrahlt.

Fotos: Quelle: Wikipedia