Lucia Popp
Historisches Kleinod
5. Juli 2020
Dulcissima! Carl Orffs »Die Bernauerin« in historischer Aufnahme aus dem Jahr 1970 mit Lucia Popp .
„Hab ich Lieb‘, so hab ich Not, meid ich Lieb‘, so bin ich tot“, singt die Baderstochter Agnes Bernauer im „bairischen Stück“ von Carl Orff, als sie sich von einer jungen, ängstlichen Dienerin zur Nacht verabschiedet und ahnt, dass sie ob ihrer Liebe zu Herzog Albrecht (Gerhart Lippert) bald sterben muss. Weil die wunderbare Schauspielerin Christine Ostermayer vor 40 Jahren dafür eine todtraurige, gebrochene Stimme besaß, ist dies Höhepunkt und Zentrum der einzigen Gesamtaufnahme auf Tonträgern (Orfeo), sieht man vom Live-Mitschnitt aus dem Jahr 2009 im Florian-Stadl von Kloster Andechs auf DVD ab. Noch sparsamer als in anderen Werken für das (Musik-)Theater setzt Orff, der selbst den Text geschrieben hat, hier Klänge und Gesungenes ein. Daher erhält dieser Anteil ein umso größeres Gewicht, etwa in der zärtlich emphatischen (Liebes-)Musik für das ungleiche Paar oder dem Nachspiel einer Szene.
Manchmal wird das gesprochene (Kunst-)Bairisch dank großer Schauspieler wie Hans Baur, Gustl Bayrhammer, Tony Berger, Max Grießer oder Fritz Straßner zum abgründigen Sprechgesang, so auch beim wild keifenden Mönch (Romuald Pekny), der das Volk aufwiegelt und unablässig in den verschiedensten Tonlagen schreit: „Nieder mit der Bernauerin, der Hex‘, der Teuflsduchessa!“ Das Münchner Rundfunkorchester und der Chor des Bayerischen Rundfunks (als laszive Badgäste, geifernde Hexen oder klagendes Volk) sowie Horst Laubenthal und Lucia Popp spielen, singen und sprechen unter Kurt Eichhorn mit zugleich praller Theatralität wie trocken präziser Schärfe.
Mehr zu Carl Orff, dessen Geburtstag sich am 10. Juli 2020 zum 125. Mal jährt:
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