Claudia Roth versteht Kritik an Netrebko-Auftritt

von Axel Brüggemann

1. Februar 2023

Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigt Verständnis für Kritik an Opernsängerin Anna Netrebko, die das Putin-Regime unterstützen soll. Ukrainische Künstler boykottierten Auftritte bei den Mai-Festspielen in Wiesbaden.

Die Kultur­staats­se­kre­tärin zur Debatte um die Mai-Fest­spiele in Wies­baden

Von Axel Brüg­ge­mann

Kultur­staats­mi­nis­terin hat Verständnis für Kritik an Auftritten von Opern­sän­gerin bei den Maifest­spielen in Wies­baden. Auf Anfrage der Klassik-Zeit­schrift „Crescendo“ erklärte ein Spre­cher der Minis­terin: „Wenn einzelne Personen wie etwa Frau Netrebko in der Vergan­gen­heit eine Unter­stüt­zung des Putin-Regimes gezeigt haben und sich mit den soge­nannten Sepa­ra­tisten der Donbass-Region haben ablichten lassen – nach der Beset­zung der Krim und der Ostukraine – kann die Kultur­staats­mi­nis­terin gut nach­voll­ziehen, dass es Kritik an einem Auftritt von Frau Netrebko gibt und dass ukrai­ni­sche Künst­le­rinnen und Künstler nicht gemeinsam mit ihr an einem Festival teil­nehmen möchten.“

Nachdem ukrai­ni­sche Musi­ke­rinnen und Musiker einen geplanten Auftritt mit Netrebko bei den Maifest­spielen abge­sagt hatten, hat der Inten­dant, Uwe Eric Laufen­berg, in einer Pres­se­mit­tei­lung dafür die poli­ti­sche Einfluss­nahme des ukrai­ni­schen Kultur­mi­nis­ters Olek­sandr Tkachenko verant­wort­lich gemacht und auf ein Schreiben des Minis­ters an seine Amts­kol­legin Claudia Roth verwiesen. Der Spre­cher der Kultur­staats­mi­nis­terin erklärt dazu: „Uns liegt kein solches Schreiben des ukrai­ni­schen Kultur­mi­nis­ters an Staats­mi­nis­terin Roth hinsicht­lich der Inter­na­tio­nalen Maifest­spiele in Wies­baden vor.“ 

Die Kultur­staats­mi­nis­terin sei seit Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs auf die Ukraine in engem und vertrau­ens­vollen Austausch mit ihrem ukrai­ni­schen Amts­kol­legen, insbe­son­dere auch zu der Frage, wie Deutsch­land die Ukraine beim Schutz ihrer Kultur sowie ihrer Kultur­güter weiterhin unter­stützen kann. Zu keinem Zeit­punkt seien die Maifest­spiele in Wies­baden oder Frau Netrebko Thema bei diesem Austausch gewesen.

Die Maifest­spiele verweisen auf ein Schreiben, dass der Kultur­ma­nager Andreas Richter der Inten­danz weiter­ge­leitet habe, der angeb­lich sowohl die Ukrai­ni­sche Natio­nal­phil­har­monie als auch das Ensemble „Musica Aeterna“ von vertrete. 

Aus dem Minis­te­rium von Claudia Roth heißt es, dass sie sich wieder­holt gegen einen gene­rellen Boykott russi­scher Kultur oder auch russi­scher Künst­le­rinnen und Künstler in Deutsch­land und auch inner­halb der EU ausge­spro­chen habe. Sie habe zugleich heraus­ge­stellt, dass ihre Unter­stüt­zung auch den „mutigen Künst­le­rinnen und Künst­lern gelten sollte, die sich gegen diesen Angriffs­krieg, gegen das dafür verant­wort­liche auto­ri­täre Putin-Régime und für die Demo­kratie einsetzen.“ Auf die program­ma­ti­sche Ausge­stal­tung der Inter­na­tio­nalen Maifest­spiele habe sie keinen Einfluss genommen, sie läge in der Verant­wor­tung und Entschei­dung des hessi­schen Staats­thea­ters in Wies­baden.

Die Stadt Wies­baden und das Land Hessen, haben den Auftritt Netrebkos eben­falls kriti­siert. Minis­ter­prä­si­dent Boris Rhein wird die Schirm­herr­schaft für die Inter­na­tio­nalen Maifest­spiele nicht annehmen. Darüber hinaus haben wir die Voremp­fänge des Landes abge­sagt. Eben­falls gegen­über „Crescendo“ erklärte der Chef der Hessi­schen Staats­kanzlei, Axel Winter­meyer: Gast­ge­berin der Inter­na­tio­nalen Maifest­spiele ist die Stadt Wies­baden. Diese hat den Künst­le­ri­schen Leiter der Fest­spiele aufge­for­dert, seine Entschei­dung zu über­denken, Frau Netrebko einzu­laden – auch, um die abseh­bare Absage durch die eben­falls einge­la­denen ukrai­ni­schen Ensem­bles und den dadurch entste­henden beträcht­li­chen Schaden für das Ansehen der Fest­spiele zu verhin­dern. Die Landes­re­gie­rung hat diese Haltung der Stadt unter­stützt. Der Künst­le­ri­sche Leiter hat sich entschieden, am Enga­ge­ment von Frau Netrebko fest­zu­halten, das Konzert findet aller Voraus­sicht nach statt. In dieser Entschei­dung ist er frei.“