Ignacy Jan Paderewski

Die Entzau­be­rung

von Ruth Renée Reif

11. März 2022

Katharina Kastening setzt an der Oper Halle Ignacy Jan Paderewskis einzige Oper „Manru“ in Szene. Die Premiere wird live von den Hörfunksendern DeutschlandRadio und MDR-Kultur übertragen.

„Meinen Erfolg“, so sagte der Pianist Ignacy Jan Pade­rewski einmal, „verdanke ich zu einem Prozent dem Talent, zu neun Prozent dem Glück und zu neunzig Prozent der Arbeit. Arbeiten, arbeiten, arbeiten – das ist das größte Geheimnis meines Erfolgs.“ Wenn er sich auf der Bühne zeigte, riss es das Publikum von den Sitzen. Jeder seiner Auftritte als Pianist war eine Sensa­tion. Bereits zu Lebzeiten war er eine Legende und wurde mit Huldi­gungen über­häuft.

Die Regisseurin Katharina Kastening
Setzt Ignacy Jan Pade­rew­skis einzige Oper Manru in Szene:
(Foto: © Barbara Aumüller)

Als er seine einzige Oper Manru kompo­nierte, hatte er Alfred Nossigs Libretto zur Verfü­gung, das nach der Hand­lung des Romans Die Hütte hinter dem Dorf von Józef Ignacy Kraszewski geschrieben war. Kraszewski war ein Vertreter der soge­nannten Heimat-Romantik und ein unglaub­lich schöp­fe­ri­scher Schrift­steller. Rund 600 Bände füllt sein Werk.

Die Sopranistin Romelia Lichtenstein
Verkör­pert die Rolle der Ulana: Romelia Lich­ten­stein
(Foto: © Falk Wenzel)

Manru erzählt von Ulana und Manru, zwei Liebenden aus verfein­deten Gesell­schaften. Nach der Urauf­füh­rung in 1901 war Manru mit der polni­schen Sopra­nistin Marce­lina Sembrich-Kochańska sogar an der Metro­po­litan Opera zu sehen. An fast allen ameri­ka­ni­schen Opern­häu­sern wurde es in der Folge gezeigt. Nach dem Ersten Welt­krieg stellte Pade­rewski seine Berühmt­heit in den Dienst seiner polni­schen Lands­leute. So setzte er sich dafür ein, dass Woodrow Wilson, der im ameri­ka­ni­schen Kongress eine Initia­tive zur Been­di­gung des Krieges vorstellte, auch die Schaf­fung eines souve­ränen polni­schen Staates fest­schrieb. Über ein Jahr­hun­dert lang war von der poli­ti­schen Karte gestri­chen gewesen. Als am 11. November 1918 das Land aus Gebieten Öster­reich-Ungarns, Deutsch­lands und Russ­lands wieder entstand, wurde Pade­rewski der erste Minis­ter­prä­si­dent.

Thomas Mohr
Verkör­pert in Ignacy Jan Pade­rew­skis Oper Manru die Titel­partie: Thomas Mohr

Katha­rina Kastening, die Manru an den Bühnen in Origi­nal­sprache Szene setzt, sieht in dem Werk „ein scharf­sich­tiges Stück über das Schei­tern einer Utopie, die Entzau­be­rung roman­ti­scher Liebes­vor­stel­lungen einer gespal­tenen Gesell­schaft voller Hass und Häme“. Die heutige Aktua­lität der Oper liegt für sie in der Frage, was uns zu Feinden mache. Verkör­pert werden Ulana und Manru von Romelia Lich­ten­stein und Thomas Mohr.

Weitere Infor­ma­tionen zu den Auffüh­rungen von Ignacy Jan Pade­rew­skis Oper Manru an der am 19. und 27. März, am 1. und 22. April, am 22. Mai und am 30. Juni 2022 unter: buehnen​-halle​.de

Fotos: Ignacy Jan Paderewski auf einem Gemälde von Lawrence Alma-Tadema 1890 (Nationalmuseum Warschau)