Karel Appel

Spiri­tu­eller Orgasmus

von Ruth Renée Reif

24. April 2021

Karel Appel hinterließ ein gewaltiges Œuvre. Am 25. April 2021 jährt sich sein Geburtstag zum 100. Mal. Das Cobra Museum in Amsterdam zeigt in einem filmischen Rundgang Werke aus seiner Sammlung.

war einer der bedeu­tendsten euro­päi­schen Vertreter der expres­siven Impro­vi­sa­tion. Er selbst sprach vom inneren Licht, das sich in ihm entzünde und ihn in Kontakt mit dem Universum bringe. Damit setze der Schöp­fungs­pro­zess ein, der für Appel spon­taner psychi­scher Selbst­aus­druck war. Intuitiv und unge­bän­digt brachte er die Farbe auf die Lein­wand.

Karel Appel bei der Arbeit in seinem Atelier

Verschie­dene Tech­niken brachte Appel zum Einsatz. Er arbei­tetet mit Spach­teln, Pinseln, drückte die Farbe direkt aus der Tube auf die Lein­wand oder warf sie auf die Lein­wand. Einen vorge­zeich­neten Weg gab es nicht. Der Akt des Malens folgte einem inneren Antrieb. Die Farben, Formen und Lini­en­ge­füge lösten Asso­zia­tionen aus und setzten das Unbe­wusste in Gang. Mit dem „spiri­tu­ellen Orgasmus“, wie Appel es nannte, erreichte der Malvor­gang seinen Höhe­punkt.

Karel Appel schuf die Ausstat­tung für Pierre Audis Insze­nie­rung der Oper Noach von und Friso Haver­kamp.

Immer wieder setzte Karel Appel sich auch mit anderen Künsten ausein­ander. So erar­bei­tete er 1987 mit dem Tänzer und Choreo­grafen Min Tanaka für die Pariser Oper das Projekt Peut-on danser le paysage? (Kann man die Land­schaft tanzen?), das auch in und gezeigt wurde. 1944 schuf er die Ausstat­tung für die Urauf­füh­rung der Oper Noach von Guus Janssen und Friso Haver­kamp nach der Vorlage der Genesis in einer Insze­nie­rung von . Mit Audi arbei­tete er auch kurz vor seinem Tod bei den Salz­burger Fest­speilen zusammen. Er entwarf das Bühnen­bild für Audis Insze­nie­rung von Mozarts Zauber­flöte. Eine filmi­sche Aufzeich­nung der Auffüh­rung gibt es unter: FOYER​.de, dem digi­talen Kultur­portal von CRESCENDO, zu sehen.

Karel Appel, der Schrei nach Freiheit
Karel Appel: Der Schrei der Frei­heit aus dem Jahre 1948
(Foto: © Karel Appel Foun­da­tion)

Karel Appel wurde in Amsterdam geboren, wo er die Reichs­aka­demie der bildenden Künste besuchte. 1948 gehörte er zu den Grün­dungs­mit­glie­dern der von und in Paris initi­ierten expe­ri­men­tellen Künst­ler­gruppe CoBrA. Benannt nach den Städten, , und Amsterdam, aus denen die Mitglieder stammten, sollte die Gift­schlange die Aufleh­nung sugge­rieren.

Karel Appel, Fragende Kinder
Karel Appel: Fragende Kinder aus dem Jahr 1949
(Foto: © Karel Appel Foun­da­tion)

Was Appel, der zum heraus­ra­genden Vertreter der Gruppe wurde, anstrebte, war, das primi­tive Maler­kind in sich zu wecken und Zugang zur ursprüng­li­chen schöp­fe­ri­schen Akti­vität zu . Über eine solche Kind­heit der Kunst wollte er eine Erneue­rung der Kunst errei­chen. Dazu gehörte auch die Vorstel­lung eines Tier-Werdens, womit das kind­lich Anima­li­sche und das Krea­tür­liche die wesent­li­chen Kräfte seines Kunst­schaf­fens wurden.

Karel Appel, Flatternd im Wind
Karel Appel: Flat­ternd im Wind aus dem Jahre 1975
(Foto: © Karel Appel Foun­da­tion)

Appels Malerei durch­lief im Laufe seines Lebens eine zykli­sche Wand­lung. Das figür­liche der CoBrA-Phase, das in den 1970er-Jahren einer rohen Expres­si­vität wich, kehrte in den 1980er-Jahren auf düstere Weise zurück. Und die grelle Farbig­keit tauchte in einer Spät­phase Ende der 1980er-Jahre wieder auf.

Karel Appel, Das letzte Adieu
Karel Appel: Das letzte Adieu aus dem Jahr 1981
(Foto: © Karel Appel Foun­da­tion) 

Karel Appel arbei­tete als selbst­er­nannter „Staa­ten­loser“ in Ateliers in New York, Connec­ticut, Paris, und der Toskana. Wie er in einem Gespräch erklärte, arbeite er immer. Als 1964 zur docu­menta III in sein Bild nicht recht­zeitig eintraf, malte er die Nacht über kurzer­hand ein neues. Bei seinem Tod 2006 in hinter­ließ er ein gewal­tiges Werk von rund 10.000 Male­reien, Plas­tiken, Skulp­turen und Grafiken.

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Das Cobra Museum für moderne Kunst in Amsterdam zeigt Werke von Karel Appel aus seiner Sammlung und bietet ein Festprogramm zum 100. Geburtstag am 25. April 2021. Weitere Informationen dazu unter: cobra-museum.nl