Danylo Matviienko (Papageno; in gelbem Anzug), Michael McCown (Erster geharnischter Mann; in schwarzem Anzug), Theo Lebow (Monostatos; in rotem Anzug) und Chor der Oper Frankfurt in "Die Zauberflöte", Oper Frankfurt 2022

News | 03.10.2022

Entzau­berte „Zauber­flöte“ an der Oper Frank­furt

von Redaktion Nachrichten

3. Oktober 2022

Die Oper Frankfurt zeigt Mozarts "Zauberflöte" in einer ungewöhnlichen Inszenierung als traumatisches Psychodrama mit gemischten Reaktionen des Publikums. Musikalisch gibt es jedoch viele Lichtblicke und exzellente Sänger.

Statt Wiener Zauber­posse samt kinder­taug­li­cher Bühnen­magie zeigt Regis­seur Ted Huffman Mozarts „Zauber­flöte“ an der Oper Frank­furt im tristen Gewand eines trau­ma­ti­schen Psycho­dramas. Seine Sicht, die Taminos „Helden­reise“ äqui­va­lent zum Bildungs­roman versteht und in dem er Tod, Vergäng­lich­keit und Pfle­ge­be­dürf­tig­keit im Alter in den Mittel­punkt rückt, nahm das Publikum am Sonn­tag­abend mit gemischten Gefühlen auf. Bravos und Buhs hielten sich in etwa die Waage.

"Die Zauberflöte"

„Die Zauber­flöte“

Zu bewun­dern ist jeden­falls die Unbe­irr­bar­keit und Konse­quenz, mit der Huffman die unmensch­li­chen Mecha­nismen einer Gesell­schaft frei­legt, die den Nach­wach­senden ihre Zwänge und Konflikte mitleidlos aufok­troy­iert. Saras­tros Heilige Hallen sind nicht viel mehr als eine toxi­sche Männer-Mafia, während die mani­pu­la­tive „Königin der Nacht“ ihr Umfeld mit ihrer post­trau­ma­ti­schen Belas­tungs­stö­rung in den Abgrund zieht. Kunst, Liebe und das fürsorg­liche Mitein­ander-Altwerden stellt er den destruk­tiven Lebens­ent­würfen als Ausweg gegen­über.

Musi­ka­lisch reiht sich ein Licht­blick an den nächsten: Das zum sechsten Mal vom Fach­ma­gazin „Opern­welt“ frisch gekürte „Opern­haus des Jahres“ wartet mit gewohnt exzel­lenten Choristen unter Tilman Michael auf und kann alle Rollen mit heraus­ra­genden Sänge­rinnen und Sängern besetzen. Michael Porters Tamino besticht nicht nur mit teno­ralem Glanz, sondern vor allem mit der glaub­haft verzwei­felten Suche nach sich selbst. Opern­studio-Mitglied Hyoy­oung Kim als Pamina gestaltet ihre schwie­rige Partie mit schau­spie­le­ri­scher Verve und klarem Sopran und kann selbst Andreas Bauer Kanabas als furcht­ein­flö­ßendem Sarastro spie­lend Paroli bieten.

Danylo Matvi­i­enkos Papa­geno macht als pein­li­cher Farb­fleck und unbe­küm­merter Lebe­mensch stimm­lich und humo­ris­tisch alles richtig, während einzig Neuzu­gang Anna Nekhames in ihrem Haus­debüt als „Königin der Nacht“ zwar quell­klare Kolo­ra­turen fabri­ziert, aber abgrund­tiefe Rache­wucht schmerz­lich vermissen lässt.

Als reine Augen- und Ohren­weide und allein den Besuch des Abends wert plat­zieren sich dafür ihre drei Hofdamen Monika Bucz­kowska, Kelsey Lauri­tano und Cláudia Ribas als strip­pen­zie­hendes Cham­pa­gner­ter­zett. Aus dem Orches­ter­graben klingt eine warm­tö­nender, federnder, exquisit reiner Mozart, den Steven Sloane am Pult zu immer neuen Höhe­punkten führt. Tadellos auch die Flöten­töne von Eliza­veta Ivanova und das Tasten­glo­cken­spiel Takeshi Moriuchis.

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Fotos: Barbara Aumüller