Martin Muehle (Hermann), Doris Soffel (Gräfin) in "Pique Dame", Deutsche Oper Berlin

News | 10.03.2024

Tödliche Beses­sen­heit – Oper „Piqué Dame“ in Berlin

von Redaktion Nachrichten

10. März 2024

Mit der Insze­nie­rung von Peter Tschai­kow­skys Oper „Piqué Dame“ hat der briti­sche Regis­seur Sam Brown ein umju­beltes Debüt an der Deut­schen Oper Berlin gefeiert. Als Offi­zier Hermann, den die Leiden­schaft für das Glücks­spiel in den Wahn­sinn treibt, begeis­terte der Tenor Martin Muehle bei der Première am Sams­tag­abend das Publikum. Für die Partie der Lisa erhielt die Sopra­nistin Sondra Radva­novsky gleich­falls stür­mi­schen Applaus. In der Schlüs­sel­rolle der Gräfin war statt der ange­kün­digten Hanna Schwarz die Mezzo­so­pra­nistin Doris Soffel zu erleben. Am Pult des Opern­or­ches­ters stand der Diri­gent Sebas­tian Weigle.

"Pique Dame"

„Piqué Dame“

Brown stellt die 1890 in Sankt Peters­burg urauf­ge­führte Oper in den Rahmen eines Stumm­films. Auf der Bühne laufen im Hinter­grund Sequenzen aus der russi­schen Verfil­mung von Alex­ander Pusch­kins Erzäh­lung „Piqué Dame“ von 1916. Auf Pusch­kins Text basiert auch das Opern­li­bretto von Modest Tschai­kowsky. In den Umbau­pausen zwischen den einzelnen Bildern werden, wie einst im Kino, kommen­tie­rende Zwischen­titel auf den Bühnen­vor­hang proji­ziert.

Brown über­nahm die Arbeit von seinem 2021 verstor­benen Mentor Graham Vick, der die Grund­lagen geschaffen hatte. 2011 kam Brown zu inter­na­tio­naler Bekannt­heit, als er als erster Regis­seur sowohl den Ring Award als auch den Euro­päi­schen Opern­regie-Preis gewann.

Muehle verkör­perte die Haupt­rolle mit außer­or­dent­li­chem Charisma. Das seeli­sche Drama Hermanns, der durch seine Beses­sen­heit der Gräfin und Lisa den Tod bringt, bevor er sich am Ende selbst auf offener Bühne erschießt, ergriff die Zuschauer vom ersten Akt an. Ist die Liebe des Prot­ago­nisten für Lisa echt? Oder strebt der Außen­seiter vor allem nach Reichtum und Ansehen, weswegen er der schil­lernden Gräfin um jeden Preis das Geheimnis der sieg­rei­chen Karten entlo­cken will? Brown lässt viele Fragen bewusst offen. Unge­wiss bleibt auch, ob Hermann schließ­lich der Geist der toten Gräfin erscheint, um den entschei­denden Tipp zu geben, oder ob er sich in seinem Wahn alles nur einbildet. Unter Leitung Weigles verliehen auch das Orchester und der Chor der hoch­emo­tio­nalen Musik Tschai­kow­skys eine beson­dere Eindring­lich­keit.

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Fotos: Marcus Lieberenz