v.l.n.r. Jennifer Holloway (Chrysothemis) und Aile Asszonyi (Elektra) sowie im Hintergrund Ensemble in "Elektra", Oper Frankfurt 2023

News | 19.03.2023

Guths „Elektra“-Inszenierung an Oper Frank­furt über­zeugt

von Redaktion Nachrichten

19. März 2023

Claus Guth erntete am Sonn­tag­abend für seine packende psycho­lo­gi­sche Deutung von Richard Strauss« Einakter „Elektra“ an der Oper Frank­furt einhel­ligen Publi­kums­jubel. Seine Auffas­sung über­zeugte, die gene­ra­tio­nen­über­grei­fende Geschichte der blut­durch­tränkten Rache­tra­gödie der Atriden als zuneh­mende Zerrüt­tung des Geis­tes­zu­standes von Elektra zu zeigen.

"Elektra"

„Elektra“

Für seine kluge Innen­sicht hätte es kaum eine geeig­ne­tere Sängerin geben können als die in Frank­furt debü­tie­rende Estin Aile Asszonyi in der Titel­partie, die es mit ihrem gewal­tigen Sopran nicht nur mühelos mit Strauss« Riesen­or­chester aufnehmen konnte, sondern auch eine verstö­rende Border­line-Studie vorlegte. Heim­ge­sucht von den Erin­ne­rungs­fetzen der Vergan­gen­heit, hoff­nungslos auf ihren Bruder Orest wartend, der bei Guth nie wirk­lich die Bühne betritt, sondern stets imagi­närer Erlöser bleibt, zerbricht sie schließ­lich an den Trau­mata der Vergan­gen­heit. Äqui­va­lent zum inneren Zerfall Elektras baute Katrin Lea Tag ein geheim­nis­volles, sich zuneh­mend frag­men­tie­rendes Bühnen­bild, das mit vielen Asso­zia­tionen spielte. Elektra eben­bürtig sang Jennifer Holloway ihre Schwester Chry­so­t­hemis mit hoch­dra­ma­ti­scher Wucht, während Susan Bullock als Klytäm­nestra stimm­lich gebremst wirkte.

Seine Ankün­di­gung, diesmal die leiseste „Elektra“ seines Lebens zu diri­gieren, hielt Gene­ral­mu­sik­di­rektor Sebas­tian Weigle nicht ganz ein. Noch die aller­sen­si­belsten Traum­se­quenzen zart illus­trie­rend, ließ er das Frank­furter Opern- und Muse­ums­or­chester auch mit Verve in Strauss« wuch­tigen Klang­massen schwelgen. Hoch zu schätzen ist die konzen­trierte Leis­tung von Simon Bailey als Orest, der kurz­fristig für den erkrankten Kihwan Sim einsprang.

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Fotos: Monika Rittershaus