v.l.n.r. Bianca Andrew (Aurelia), Michael Porter (Ken), Jarrett Porter (Edgar) und Nika Gorič (Anna) in "Blühen", Oper Frankfurt 2023

News | 22.01.2023

Vito Žurajs „Blühen“ an Oper Frank­furt urauf­ge­führt

von Redaktion Nachrichten

22. Januar 2023

Die Frankfurter Premiere von Vito Žurajs Oper "Blühen" wurde vom Publikum begeistert aufgenommen, trotz 15-minütiger Verspätung und dem Fehlen des Akkordeonspielers.

Mit freund­li­chem Applaus reagierte das Frank­furter Publikum am Sonn­tag­abend auf die erste abend­fül­lende Oper des Kompo­nisten Vito Žuraj. Mit „Blühen“ vertonte der 43-jährige Preis­träger des Claudio-Abbado-Kompo­si­ti­ons­preises ein Libretto von Händl Klaus, der die letzte Erzäh­lung Thomas Manns „Die Betro­gene“ aus dem Jahr 1953 bear­beitet hatte. Weil der leit­mo­ti­visch einge­setzte Akkor­de­on­spieler des verant­wort­li­chen Ensemble Modern im Zug der Deut­schen Bahn festsaß, begann die Urauf­füh­rung in der Spiel­stätte im Bocken­heimer Depot mit 15 Minuten Verspä­tung und nur dank des Einsatzes von Studi­en­leiter Takeshi Moriuchi, der mithilfe eines Keyboards den Toncha­rakter des Instru­ments nach­zu­ahmen versuchte. Erst im vierten der sieben Bilder war Akkor­deo­nist Filip Erakovic tatsäch­lich anwe­send.

"Blühen"

„Blühen“

Das Libretto nimmt sich gegen­über der ironi­schen Erzäh­lung Thomas Manns viele Frei­heiten und erzählt das Geschehen der reifen Liebe einer 52-jährigen Frau zu einem jungen Haus­lehrer, der ihr Sohn sein könnte, ganz aus der Sicht der Prot­ago­nistin Aurelia. Während die Witwe glaubt, dass ihre erblü­hende Liebe mit der frisch einset­zenden Mens­trua­tion von der Natur gesegnet wird, ist in Wirk­lich­keit ein tödli­cher Unter­leibs­krebs in ihr heran­ge­wachsen.

Händl Klaus« poin­tiertes Libretto lässt viel Raum für Asso­zia­tionen, während Žurajs lebhafte Tonsprache mit vitalen Blech‑, Harfen- und Saxo­phon­klängen in Bann schlägt. Aber auch fahl trop­fende Klang­scha­len­ef­fekte setzt der slowe­ni­sche Kompo­nist wirksam ein, um Aure­lias lang­sames Sterben in all seiner Viel­schich­tig­keit offen­zu­legen. Ensem­ble­mit­glied Bianca Andrew als Aurelia erntete für ihre tech­nisch anspruchs­volle Mezzo­partie und ihre über­ra­gende schau­spie­le­ri­sche Leis­tung den größten Applaus, ebenso wie Michael Porter in seiner inter­vall­rei­chen Partie als Englisch­lehrer Ken und Gast­so­pra­nistin Nika Goric als spröde Tochter Anna. Zurück­hal­tender reagierte das Publikum auf die betont natür­liche Heran­ge­hens­weise von Regis­seurin Brigitte Fass­baender, die wenig Abstrak­tion anstrebte und ganz dem Talent der Sänger vertraute. Viel Jubel ernteten Diri­gent Michael Wende­berg, das wie immer gran­dios solis­tisch aufspie­lende Ensemble Modern und das anspruchs­voll into­nie­rende zwölf­köp­fige Vokal­ensemble.

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Fotos: Barbara Aumüller