Paul Gauguin: „Tahitianische Fischerinnen“, 1891 Öl auf Leinwand (© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung / Jörg P. Anders)

Paul Gauguin

Die Sehn­sucht nach dem Urzu­stand

von Ruth Renée Reif

25. März 2022

Die Ausstellung Paul Gauguin – Why are you angry? beleuchtet vom 26. März bis 10. Juli 2022 in der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin den Mythos des „wilden Künstlers“.

„Ich fahre nach Tahiti, einer kleinen Insel im Ozean, wo man noch ohne Geld leben kann“, schrieb 1897 in der auto­bio­gra­fi­schen Schrift Noa Noa, die er mit dem Schrift­steller Charles Morice verfasste und mit Aqua­rellen illus­trierte. „In Europa bereitet sich für das kommende Geschlecht eine furcht­bare Zeit vor: die Herr­schaft des Goldes. Alles ist verfault, die Menschen und die Kunst.“ Was Gauguin auf die südpa­zi­fi­sche Insel trieb, war die Sehn­sucht nach dem Urzu­stand. Er wollte den Quell­grund des Ursprüng­li­chen und Mythi­schen aufde­cken. Als erster euro­päi­scher Künstler verließ er seinen Konti­nent, um sich auf diese Suche zu begeben. Auf Tahiti lebte er mit den einhei­mi­schen Insel­be­woh­nern, lernte ihre Sprache und ihre Sitten und wurde von ihnen aufge­nommen. Von der 13-jährigen Tehune, die ihm die Familie als „Vahine“ (Geliebte) zuführte, lernte er die Geschichte und die Mythen.

Paul Gauguin: Mädchen mit Blume
Das Gemälde Vahine no te Tiare (Frau mit einer Blume) aus dem Jahr 1891 zeigt Paul Gauguins Geliebte, mit der eine Tochter hatte
(Foto: © Ny Carls­berg Glyp­tote)

„Im Augen­blick, da die höchsten Gefühle im tiefsten Innern des Wesens zusam­men­schmelzen. Im Augen­blick, da sie zum Ausbruch kommen und da der ganze Gedanke hervor­bricht wie die Lava aus dem Vulkan, gibt es da nicht ein Aufblühen des plötz­lich geschaf­fenen Werks, brutal, wenn man so will, aber groß und über­mensch­lich?“, schrieb Gauguin über seine Bilder aus Tahiti. Seine Farbe berei­cherte sich um einen derar­tigen Glanz, dass der Dichter Stéphane Mall­armé erstaunt fragte, wie es denn möglich sei, dass sie so viel Geheimnis enthalte. Die Ausstel­lung Paul Gauguin – Why are you angry? beleuchtet den Mythos des „wilden Künst­lers“ und fragt nach dem kolo­nialen Traum vom irdi­schen Para­dies hinter Gauguins Aufbruch nach Tahiti. Gezeigt werden neben Gauguins Werken auch Arbeiten zeit­ge­nös­si­scher Künstler wie des tahitia­ni­schen Akti­visten Henri Hiro.

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Weitere Informationen zur Ausstellung Paul Gauguin – Why are you angry? vom 26. März bis 10. Juli 2022 in der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin unter: www.smb.museum

Fotos: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung / Jörg P. Anders