Christian Thielemann

Rares Glück

von Klaus Kalchschmid

22. Dezember 2020

Christian Thielemann leitet Solisten, zwei Chöre und 150 Orchestermusiker bei der Aufnahme von Arnold Schönbergs Gurre-Liedern.

Man muss sich das Datum dieses Mitschnitts der Gurre-Lieder des 27-jährigen , die einen acht­stim­migen gemischten Chor, drei vier­stim­mige Männer­chöre und 150 Orches­ter­mu­siker erfor­dern, auf der Zunge zergehen lassen: 10. März 2020. Allen Betei­ligten ist anzu­hören, dass sie die Trag­weite und das rare Glück des vorläufig letzten Konzerts dieser Größen­ord­nung erahnten. So wird der Zwitter aus Lieder­zy­klus und Orato­rium, der von der Liebe eines Königs zu einem Mädchen, ihrem gewalt­samen Tod, seiner Aufleh­nung gegen Gott und dem gespens­ti­schen Ritt mit seinen Mannen als Untoter handelt und in einer Apotheose der Natur kulmi­niert, zum denk­wür­digen Doku­ment, das zunächst nur zu Archiv-Zwecken mitge­schnitten wurde.

Mezzosopranistin Christa Mayer
Singt das Lied der Wald­taube: Mezzo­so­pra­nistin
(Foto: © Matthias Creutz­inger)

Leider trübt der trotz Stimm­ge­walt immer leicht heiser und schwer­fällig klin­gende Helden­tenor als Waldemar die hohe Qualität dieser 100 Minuten etwas. und Christa Mayer, die das berühmte Lied der Wald­taube zur Perle macht, gebührt dafür umso größerer Dank wie auch dem schil­lernden Charak­ter­tenor und dem 83-jährigen Franz Grund­heber als expressiv arti­ku­lie­renden „Spre­cher“. -Rund­funk­chor, und die fulmi­nant aufspie­lende mit Mitglie­dern des Jugend­or­ches­ters lassen das Werk unter in allen Facetten leuchten, das der nun zehn Jahre ältere Schön­berg am Ende weitaus moderner und durch­sich­tiger instru­men­tiert als die erste Hälfte.