Arcis-Vocalisten

Arcis-Vocalisten

Mitleiden mit den Schmerzen der Welt

von Ruth Renée Reif

22. Oktober 2020

Die Arcis-Vocalisten bringen am 31. Oktober 2020 in der Münchner Himmelfahrtskirche mit dem Barockorchester L’arpa festante Kantaten und Chorwerke von Johann Sebastian Bach u.a. zur Aufführung.

Ein Brand verwüs­tete 1707 Teile der Unter­stadt des thürin­gi­schen Städt­chens Mühl­hausen. 360 Häuser wurden zerstört. Verschont blieb die Kirche. Der nach­fol­gende Gedenk­got­tes­dienst war vermut­lich Anlass für , seine Kantate Aus den Tiefen rufe ich, Herr zu dir BWV 131 zu kompo­nieren. Ein kontra­punk­ti­sches Inein­an­der­greifen der Worte und der Musik zeichnet die aus. Bach webt die leiden­schaft­li­chen Stimmen des Chores kunst­voll in die der Instru­mente ein.

Die Arcis-Voca­listen (Titel­foto des Beitrags: © Daniel Delang) setzen die Kantate auf das Programm ihres Konzerts in der Münchner Himmel­fahrts­kirche. Der Chor wurde 2005 von Thomas Gropper ins Leben gerufen, der ihn seither leitet. Neben Chor­werken vom Früh­ba­rock bis zur Moderne widmet er sich mit dem Regis­seur Dieter Reuscher der szeni­schen Auffüh­rung baro­cker Opern.

Nichts für „Zippel­fa­got­tisten“

Einen weitaus profa­neren Hinter­grund hat die Kantate Nach dir, Herr, verlanget mich BWV 150. Bach kompo­nierte sie, als er verzwei­felt weg wollte von den klein­ka­rierten Beamten in . Über Verbin­dungen hatte er erfahren, dass in Mühl­hausen der Orga­nist schwer erkrankt war. Um sich beim Mühl­hau­sener Bürger­meister einzu­schmei­cheln, baute er ein Akro­sti­chon mit dessen Namen in die Kantate ein: Doktor Conrad Meck­bach. Außerdem befrie­digte er sein Rache­ge­lüst und stellte mit der Solo-Passage des Fagotts dem Fagot­tisten eine Falle. Diese Passage über zwei Oktaven und mit einer kleinen Terz ist nämlich unglaub­lich schwer zu spielen und nichts für „Zippel­fa­got­tisten“.

Das Barockorchester L'arpa festante
Spezia­li­siert auf barocke Werke: das Ensemble L’arpa fest­ante der Geigerin Michi Gaigg
(Foto: © Chris­to­pharpa)

Das Barock­or­chester L’arpa fest­ante über­nimmt in der Himmel­fahrts­kirche den instru­men­talen Part. Gegründet wurde es 1983 von der Geigerin Michi Gaigg. Die Musiker sind spezia­li­siert auf barocke Werke und spielen auf histo­ri­schen Instru­menten.

Panre­li­giöses Ethos

Umrahmt werden die Kantaten von Motetten aus dem Zyklus „Prophe­tiae Sibyl­larum“ Orlando di Lassos. Auch di Lasso war noch ein junger Kompo­nist, als er ihn in den 1550er-Jahren schrieb. Doch fand er Eingang in eine pracht­volle Hand­schrift für Herzog Albrecht V. von , an dessen Hof di Lasso 1557 kam. Di Lassos Verto­nungen zeichnen sich durch zahl­reiche chro­ma­ti­sche Harmo­nie­ver­bin­dungen auf, die seine Motetten bemer­kens­wert modern klingen lassen.

Zum Abschluss erklingt Pater noster von . „Blut floss in Litauen und . Wir verbrachten schlaf­lose Nächte auf den Barri­kaden“ beschreibt Vasks die Gescheh­nisse des Jahres 1991, als das Chor­werk entstand. Vasks, für den das Mitleiden mit den Schmerzen der Welt den Ausgangs­punkt seines Schaf­fens bildet, bekennt sich zu einem humanen panre­li­giösen Ethos seiner Musik.

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Weitere Informationen zum Konzert am 31. Oktober 2020 in der Münchner Himmelfahrtskirche: www.arcis-vocalisten.de

Fotos: Daniel Delang