News | 16.06.2021

Domingo lässt in Münchner „Traviata“ den Atem stocken

von Redaktion Nachrichten

16. Juni 2021

Die ist zurück aus der pande­mie­be­dingten Ruhe und seit dem ovatio­nen­rei­chen Mitt­woch­abend auch wieder im Reich der schönen Stimmen im Verdi-Fach. Gewis­ser­maßen als Kracher zum Auftakt einer „Traviata“-Serie hatte man für die Rolle des Giorgio Germont gewonnen und um ihn herum ein würdiges Abend­ensemble gebaut. Liparit Aveti­syan ist ein Alfredo optisch und stimm­lich wie aus dem tradi­tio­nellen Beset­zungs­buch, mit makel­losem Tenor­klang und Schmelz für Verdis Strei­cher­phrasen.

"La traviata"

„La traviata“

ist anfangs als Violetta mehr Diva als Leidende, mit großem drama­ti­schem Stimm­vo­lumen und der Ange­wohn­heit, wie zur Selbst­mo­ti­va­tion und Visua­li­sie­rung vor perlenden Höhen die Hand nach oben zu recken. Auf die Dauer verliert die Darstel­lung dadurch an Glaub­wür­dig­keit. Zuneh­mend aber kann sie ab dem zweiten Akt ihre Innig­keit und ihre Piano­kunst kulti­vieren.

Und der Star des Abends? Mit seiner unver­wech­sel­baren Stimme, seiner kaum von anderen erreichten Färbungs- und Phra­sie­rungs­kunst gestaltet Domingo im zweiten Akt die Duette mit Violetta und dann seinem Bühnen­sohn Alfredo zu erschüt­ternden Psycho­grammen, die in ihrer Dichte und Unmit­tel­bar­keit dem Publikum den Atem stocken lässt. Soll man erwähnen, dass Wiki­pedia das Geburts­jahr 1941 nennt? Unglaub­lich, wie eine Künst­ler­per­sön­lich­keit die Atmo­sphäre im Saal prägt – wenn sie Domingo heißt. leitete das Baye­ri­sche Staats­or­chester sänger­freund­lich, umsichtig und detail- und klang­be­geis­tert. Ein erhe­bender, minu­ten­lang umju­belter Abend.

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