Memories in Music

Der Erin­ne­rungs­spei­cher Musik

von Ruth Renée Reif

5. Mai 2021

Das Festival Memories in Music stellt Formen der Erinnerungskultur in der zeitgenössischen Musik vor.

Kirsten Reese bereiste auf den Spuren kolo­nialer Geschichte die Halb­insel Cobourg im Norden Austra­liens. Elf Jahre waren hier briti­sche Mari­ne­sol­daten statio­niert gewesen, ehe Wirbel­stürmen, Termiten und Malaria sie 1849 vertrieben. Zuvor sollen sie auf den verschol­lenen Entde­cker und Natur­for­scher getroffen sein, der behauptet habe, den Ort als Erster über den Landweg erreicht zu haben. Reese und der austra­li­sche Kompo­nist Erkki Velt­heim stellen im Eröff­nungs­kon­zert ihre musi­ka­li­schen Recher­chen mit einem entle­genen Schau­platz der Kolo­ni­al­ge­schichte vor. Cobourg Nets für Schlag­zeug, Harfe, Flöte und Klari­nette sowie Feld­auf­nahmen kommt von Reese zur Urauf­füh­rung. Und von Velt­heim bringt das Ensemble Adapter Ein Idyll für drei tote Bari­tons und Ensemble mit Instru­menten der austra­li­schen Abori­gines zur Auffüh­rung.

Tony Elieh
Stellt mit dem Schlag­zeuger das Duo-Projekt Spirit Weather vor: Tony Elieh

Klänge spei­chern Erin­ne­rungen. Zeit­ge­nös­si­sche Kompo­nisten befassen sich mit diesem Erfah­rungs­spei­cher. Sie greifen Erin­ne­rungs­stränge auf und verar­beiten sie in ihren Werken. Das Festival Memo­ries in Music stellt Formen der Erin­ne­rungs­kultur in der zeit­ge­nös­si­schen Musik vor. erin­nert an das Immer-Wieder-Abspielen ihres Lieb­lings­liedes auf dem Kasset­ten­re­corder. Der Popsong sei die Verkör­pe­rung des „repeat-one“, erklärt sie. Er spiele mit Wieder­ho­lungen, Loops und Klang­mus­tern. Ihre Kompo­si­tion repeat one_​two, die von dem Pianisten Ernst Surberg zur Urauf­füh­rung gebracht wird, beruht auf Text- und Klang­ma­te­ria­lien von , The Knife, Deep Purple, Radio­head und . Maja Solveig Kjels­trup Ratkje, und setzen sich in der Kompo­si­tion Avant Joik mit lapp­län­di­schen Joiks ausein­ander. Und Tony Buck und Tony Elieh stellen ihr Duo-Projekt Spirit Weather vor.

Das stellt in einem Trailer die Instru­mente von Anton vor.

Smetak erhielt nach Abschluss seines Studiums ein Enga­ge­ment bei einem brasi­lia­ni­schen Sinfo­nie­or­chester. Unglück­li­cher­weise exis­tierte es nach seinem Eintreffen nicht mehr. Smetak blieb jedoch und ließ sich in Salvador de Bahia nieder. Er suchte in der brasi­lia­ni­schen Musik nach neuen Ausdrucks­mög­lich­keiten. Für seine Ausein­an­der­set­zung mit mikro­to­naler Musik stellte er eigene Instru­mente her. Zugleich brachte er mit diesen skulp­tu­ren­ähn­li­chen Instru­menten auch seine mysti­sche Sicht auf die Musik zum Ausdruck. Der Kompo­nist hörte in der Biblio­thek von Salvador de Bahia Tonauf­nahmen von Smetaks Kompo­si­tionen an. In Zusam­men­ar­beit mit dem Kompo­nisten und Musik­wis­sen­schaftler Sérgio Freire digi­ta­li­sierte er sie.

Bewe­gung, Klang­fülle, Symbolik und Visua­lität

Marco Scaras­s­atti über­setzt Smetaks Kompo­si­tion Anes­tesia aus dem Jahr 1971 in eine Film­par­titur, „in der die Origi­nal­seiten und ‑grafiken mit den Konturen der Musik­in­stru­mente, den Körpern und Gesten der Musi­ke­rInnen bei der Inter­pre­ta­tion verschmelzen und der Origi­nal­par­titur Bewe­gung, Klang­fülle, Symbolik und Visua­lität verleihen“. Dank des Ensemble Modern können dafür zwei Instru­mente aus der Samm­lung des 1984 verstor­benen Kompo­nisten euro­päi­schen Instru­menten gegen­über­ge­stellt werden. Eben­falls auf dem Programm steht Sinfonia dos Ares für Trom­pete, Fagott, zwei Kontra­bässe, sechs Maracas von Guil­herme Vaz, die auf brasi­lia­ni­schen indi­genen Klang­welten basiert.

Carlos Gutiérrez Quiroga
Quiroga und das Kammer­en­semble des Orquesta Expe­ri­mental de Instru­mentos Nativos bringen Natur­völker zur Auffüh­rung.

Carlos Gutiérrez Quiroga erin­nert in Natur­völker an die Kolo­ni­al­herr­schaft. „Die Arbeit besteht aus vier thema­ti­schen Elementen, die jeweils anhand von Bezie­hungen zwischen Bild, Text und Ton verschie­dene Formen von Span­nungen und Einflüssen zwischen den soge­nannten zivi­li­sierten und primi­tiven Gesell­schaften erfor­schen“, erläu­tert er. Das Kammer­en­semble des Orquesta Expe­ri­mental de Instru­mentos Nativos bringt das Werk unter seiner Leitung zur Auffüh­rung. Im Außen­raum der Akademie der Künste gibt es zudem eine Perfor­mance dazu, an der die Vokal­künst­lerin mit Vogel­flöten, mit Flöten und Jorge Villaseca auf indi­genen Instru­menten mitwirken, und Sharon Mercado Nogales tanzt.

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Weitere Informationen zum Festival Memories in Music der Akademie der Künste Berlin unter: www.adk.de und unter: www.youtube.com 

Fotos: Kai Bienert