Ioan Holender

„Man muss aus Über­zeu­gung handeln.“

von Ruth Renée Reif

16. Juli 2020

Ioan Holender begeht am 18. Juli 2020 seinen 85. Geburtstag.

Ioan Holender begeht am 18. Juli 2020 seinen 85. Geburtstag.

19 Jahre lang lenkte er die Geschicke der . Seine Ära war die längste in der Geschichte des Hauses. Und mit seinen Initia­tiven wie etwa die Auffüh­rung von Kinder­opern in einem Zelt auf dem Dach der Oper prägte er dessen Entwick­lung nach­haltig.

Tennis­trainer und Regie­as­sis­tent

Holender (Foto oben: © Servus TV / Sinissey) wurde in Timișoara geboren. Er begann zunächst ein Studium für Maschi­nenbau, wurde jedoch nach seiner Teil­nahme an einem Studen­ten­auf­stand 1956 wegen „schwer­wie­gender Abwei­chungen von der prole­ta­ri­schen Moral“ von den Hoch­schulen des kommu­nis­ti­schen Landes exma­tri­ku­liert. Seinen Lebens­un­ter­halt verdiente er daraufhin als Tennis­trainer und Regie­as­sis­tent.

Opern- Und Konzert­sänger in Wien

Ioan Holender auf seinem letzten Wiener Opernball
Wäre so gerne Helden­tenor geworden: Ioan Holender auf seinem letzten Opern­ball als Staats­opern­di­rektor
(Foto: © APA)

1959 konnte er im Rahmen der Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung zu seiner Mutter nach ausreisen. In Wien studierte er Gesang und wirkte als Opern- und Konzert­sänger. 1966 trat er einer Bühnen­ver­mitt­lungs­agentur für Oper und Sänger bei, die er nach einigen Jahren über­nahm. Als Opernagentur Holender entwi­ckelte sie sich unter seiner Ägide zu einer der welt­besten Agen­turen für Sänger.

Beru­fung an die Wiener Staats­oper und Volks­oper Wien

1991 wurde er von Eber­hard Waechter als Gene­ral­se­kretär an die Wiener Staats­oper und Volks­oper Wien berufen. Nach dem uner­war­teten plötz­li­chen Tod Waech­ters wurde er 1992 Direktor beider Häuser, bis er 1996 um Entbin­dung aus seiner Tätig­keit als Volks­opern­di­rektor bat.

Förde­rung junger Sänger

Neil Shicoff als Eléazar in La Juive von Jacques Halévy
Wurde nach der Auffüh­rung an der Wiener Staats­oper 1999 mit Neil Shicoff als Eléazar wieder welt­weit nach­ge­spielt: La Juive von Jacques Halévy
(Foto: © Wiener Staats­oper / Michael Poehn)

„Erfolge kann man nicht kalku­lieren, man muss aus Über­zeu­gung handeln“, lautete Holen­ders Motto, mit dem er sich gegen die Event-Kultur zur Wehr setzte. So hat er viele junge Sänger geför­dert und aufge­baut. Zwei Sänger­ge­ne­ra­tionen gingen im Laufe seiner Direk­tion aus der Staats­oper hervor, darunter , , , Soile Isokoski, Vesse­lina Kasarova, , , und .

Bangen um das Ensemble

Noch mit Waechter hatte Holender ein Vertrags­mo­dell für Sänger erar­beitet, das den klas­si­schen Ensem­ble­ge­danken mit dem heute übli­chen Gastieren verband. Seine Beun­ru­hi­gung über die Zukunft des Hauses äußerte er bereits während seiner Amts­zeit 2005: „Ich fürchte, dass nach mir das Reper­toire­system gefährdet ist, man wird keine Ensem­bles mehr pflegen. Und man wird dann nicht mehr jeden Tag spielen können.“

Preise und Orden

Anna Netrebko und Ioan Holender
Wehmuts­voller Abschied: und Ioan Holender
(Foto: © APA / Hans Klaus Techt)

Holender, der mit zahl­rei­chen inter­na­tio­nalen Ehrungen, Preisen und Orden ausge­zeichnet wurde, setzte sich auch nach Ende seiner Direk­ti­ons­zeit weiter für Oper und Musik ein, u.a. als künst­le­ri­scher Direktor des inter­na­tio­nalen Musik­fes­ti­vals und des Musik­wett­be­werbs „George Enescu“ in Buka­rest sowie als künst­le­ri­scher Berater des Metro­po­litan Opera und des Spring Festi­vals Tokyo.

KulTOUR mit Holender

Ioan Holender vor dem Bolschoi-Theater in Moskau
Vor dem Bolschoi-Theater in Moskau: Ioan Holender unter­wegs zu den Opern­häu­sern der Welt
(Foto: © Servus TV / Denis Klero)

Für den Fern­seh­sender Servus TV ist Holender als Mode­rator und Gestalter der Sendung KulTOUR mit Holender bis heute tätig. Diet­rich Mate­schitz selbst hatte ihn 2010 dazu einge­laden. Über 120 Sendungen entstanden im Verlauf der vergan­genen zehn Jahre.

Mehr dazu unter: www​.servustv​.com

Der jüdi­sche Witz und das freche Maul

Ioan Holender als Student
Rück­blick auf ein ereig­nis­rei­ches Leben: Ioan Holender als Student in Timișoara

Anläss­lich des Geburts­tags von Holender bringt Servus TV am Freitag, den 17. Juli 2020, ab 22:10 Uhr ein ausführ­li­ches Porträt. Holender erzählt aus seinem Leben, von seiner Bezie­hung zu , seinem viel­ver­spre­chenden Karrie­re­be­ginn als Helden­tenor, dem er bis heute nach­trauert, sowie seinen Jahren als Staats­opern­di­rektor. Und auch Wegge­fährten kommen zu Wort, allen voran , der an Holender „den jüdi­schen Witz, das freche Maul und die Leiden­schaft“ liebt.

Mehr dazu unter: www​.servustv​.com

Salz­burger Fest­spiel­talk auf Schloss Leopolds­kron

Ioan Holender beim Festspieltalk
Ioan Holender lädt zum Fest­spiel­talk auf Schloss Leopolds­kron.
(Foto: © Servus TV / Neumayr / Leo)

Auch der Salz­burger Fest­spiel­talk auf Schloss Leopolds­kron mit seiner wunder­baren Biblio­thek ist auf Servus TV wieder zu sehen. Das an einem idyl­li­schen Weiher gele­gene Schloss, das einst Max Rein­hardt gehörte und in dem er rauschende Feste feierte, ist heute ein Hotel.

Franz Welser-Möst  beim Festspieltalk mit Ioan Holender
Ioan Holender beim Fest­spiel­talk mit Franz Welser-Möst
(Foto: © Servus TV / Chris­tian Leopold Neumayr)

Holender empfängt am Freitag, den 31. Juli 2020, um 23:25 Uhr und Franz Welser-Möst.

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Tobias Moretti beim Festspieltalk
Jeder­mann-Darsteller Tobias Moretti zu Gast bei beim Fest­spiel­talk in der Biblio­thek von Schloss Leopolds­kron
(Foto: © Servus TV / Chris­tian Leopold Neumayr)

Am Freitag, den 7. August 2020, um 23:00 Uhr spricht er mit dem Jeder­mann-Darsteller Tobias Moretti und der neuen Darstel­lerin der Buhl­schaft Caro­line Peters. Am Freitag, den 14. August 2020, um 23:00 Uhr kommen der Salz­burger Landes­haupt­mann Wilfried Haslauer und der Vorstand der Daniel Froschauer. Und am Freitag, den 21. August 2020, um 23:55 Uhr sind der Bariton Michael Kraus und der Kritiker Jürgen Kesting zu Gast.

Kriti­scher Begleiter des Opern­ge­sche­hens

Für CRESCENDO wirkt Ioan Holender als Kolum­nist, der die Entwick­lung des Opern­ge­sche­hens leiden­schaft­lich und kritisch begleitet. So ist für Holender jede Art von Opern­kon­ser­vie­rung etwas Künst­li­ches. Nie erreiche sie den Effekt der Unmit­tel­bar­keit, wie er im Opern­haus zu erleben sei.

Lesen Sie seine aktu­elle Kolumne zum Streamen von Opern­auf­füh­rungen auf CRESCENDO​.DE.